Glossar / Infos

Das nachfolgende Glossar zeigt keine Vollständigkeit des diesbezüglichen Wissens, skizziert Ihnen aber Begrifflichkeiten, die wir im Text unserer Webseite genannt haben und die für uns aus erlebter Erfahrung eine hohe Bedeutung in unserer fachärztlichen Einstellung und unserem therapeutischen Angebot und Vorgehen haben.

 

Achtsamkeit (Mindfulness): ein Zustand von Geistesgegenwart im «Hier und Jetzt», in dem ein Mensch hellwach die gegenwärtige Verfasstheit seiner direkten Umwelt, seines Körpers und seines Gemüts per Wahrnehmungsübung erfährt ohne von Gedankenströmen, Erinnerungen, Fantasien oder starken Emotionen abgelenkt zu sein, ohne darüber nachzudenken oder diese Wahrnehmungen zu bewerten. Ein zentraler Baustein von moderner störungsspezifischer Psychotherapie (z.B. bei DBT oder MBCT) gemäss der Philosophie und Methodik des Zen. (Achtsamkeitsmeditation bei Jon Kabat-Zinn)


AMDP (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie): ein System zur standardisierten Erfassung und Dokumentation eines psychopathologischen Befundes, dessen Erfassung unverzichtbare Voraussetzung jeder psychiatrischen und psychotherapeutischen Arbeit und Behandlung ist.


Bio-Psycho-Soziales Konzept: nach George Engel, mehrdimensionales Modell, das der Multikausalität und den vielfältigen Wechselwirkungen von Krankheit Rechnung trägt. Ein Versuch biologische und psychosoziale Ansätze im Verständnis psychischer Störung und entsprechender Behandlung zu verbinden. Biologisch-genetische und psychosoziale Faktoren können in einem Fall die Erkrankung ursächlich bedingen, in einem anderen Fall den Verlauf der Erkrankung bestimmen oder als Folge der individuellen psychischen Erkrankung erscheinen. Wir wissen heute, dass nicht allein das Gehirn entscheidend ist für das Befinden eines Menschen, sondern auch seine körperliche Disposition, seine Biografie und seine Lebenssituation.


Biologische Psychiatrie: Zu den biologischen Therapieverfahren gehören die Psychopharmakologie und die nicht-psychopharmakologischen Verfahren. Dazu zählen die Chronotherapien, inklusive Schlafhygiene, Wachtherapie (Schlafentzug) und Lichttherapie, sowie die Stimulationsverfahren (z.B. Elektro-Konvulsions-Therapie, transkranielle Magnetstimulation). Hier finden naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden Anwendung. Wir wissen heute, dass das Zusammenspiel von Biologie, Biografie und Kultur verantwortlich ist für die Neuroplastizität des Gehirns. Die Behandlungskonzepte der praktisch verbreiteten kognitiv-verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie sind gleichrangig mit psychopharmakologischen Behandlungen und nicht-pharmakologischen Behandlungsverfahren im ganzheitlichen Sinne eines breiten modernen Behandlungsspektrums. In dieser Hinsicht ist die Einzigartigkeit der Psychiatrie in den medizinischen Disziplinen zu betonen, da hier sowohl biologische als auch mentale Vorgänge im Organismus betrachtet, diagnostiziert und behandelt werden. Dies auch mit der Erkenntnis, dass das Verständnis mentaler Zustände, zu denen auch psychisches Erleben gehört, wissenschaftlich schwer erfassbar sind.  Zugleich gelingt es über genetische und epigenetische Forschung und auch neurochemische und bildgebende Verfahren die mentalen Vorgänge immer besser zu beschreiben und zu erfassen. So können sowohl Vorhersagen als auch Verläufe einer psychischen Störung und ihrer Behandlung beschrieben und evaluiert werden, was den Einsatz optimierter Behandlung wesentlich günstig beeinflussen kann. 


Burn-Out-Syndrom: Triade aus Erschöpfung – Ineffizienz – Zynismus – keine klassifizierte depressive Störung, aber Risikofaktor bzw. Vorstufe von depressiver Erkrankung


CBASP: Das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy ist ein psychotherapeutisches Behandlungsverfahren, entwickelt von James P. McCullough speziell zur Behandlung von Patienten mit chronischer Depression. CBASP setzt direkt an der Entwicklungsblockade der Betroffenen an und verbindet verhaltenstherapeutische, kognitive, psychodynamische sowie interpersonelle Strategien zu einem innovativen Verfahren, das eine besonders hohe Wirksamkeit in der Kombinationstherapie mit Antidepressiva entfaltet.


CME: Continuing Medical Education beschreibt eine kontinuierliche berufsbegleitende Fortbildung der in der Medizin tätigen Ärzte. Lebenslange Fortbildung ist integraler Bestandteil der ärztlichen Profession und dient der Aktualisierung der fachlichen Kompetenz. In vielen Ländern (u.a. CH und D) ist eine ausreichende Fortbildung obligatorisch für die Berufsausübung und fachliche Anerkennung.


DBT: Die Dialektisch Behaviorale Therapie nach Marsha Linehan basiert weitgehend auf etablierten, d.h. empirisch abgesicherten kognitiv-behavioralen Methoden, integriert jedoch eine Vielzahl von Strategien und Techniken aus anderen therapeutischen Schulen, aus der Neurobiologie, aus den Sozialwissenschaften sowie fernöstlicher Meditationslehre. DBT ist ein störungsspezifisches Konzept zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeits-Störungen, findet Anwendung bei Suizidalität, bei Suchterkrankungen, bei Essstörungen und in der Forensik. Therapeutisch prägnant sind die Erarbeitung von Grundannahmen, die Veränderung von dysfunktionalen Verhaltensweisen und das Gewahrwerden und Training von persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten (Skills). Zentral ist hier das Erlernen der Inneren Achtsamkeit («wise mind») und von Skills zur Emotionsregulation, zur Stresstoleranz und zur zwischenmenschlichen Kommunikation.


Epigenetik: Ein Fachgebiet der Biologie, das zunehmend in den Fokus von Entstehung und Behandlung psychischer Störungen rückt (u.a. bei Angst-, Stress- und Traumafolgestörungen). Es werden Prozesse an/auf den Chromosomen («epi» = «obendrauf») beschrieben, die - ausgelöst durch Umweltfaktoren oder durch individuelle Erfahrungen - sich auf die Aktivität von Genen auswirken und sogar «zur Vererbung von Stress und Traumata» führen können.


Evidenzbasierte Medizin: Eine nicht nur auf persönliche Erfahrungen basierende Medizin, die nach den jeweils besten nachprüfbaren Belegen für den Nutzen einer Behandlung oder Untersuchungsmethode aus systematischer Forschung fragt und in die Behandlung integriert, um die Versorgung eines individuellen Patienten optimal zu gestalten.


Ich-Identität: nach Sigmund Freud das Ergebnis des Wechselspiels von «Es» und «Über-Ich». In Weiterentwicklung dieses Ansatzes beschreibt Erik Homburger Erikson, dass Kinder ihre «Ich-Identität» nach einem epigenetischen Ansatz entwickeln, wonach ein jedes Individuum eine Reihe von psychosozialen Phasen durchläuft, die das Persönlichkeitswachstum prägen. In diesem Sinne sind auch Krisen unbedingt dafür geeignet eine stabile Ich-Identität zu bilden oder eben auch nicht, wenn zu grosse Störungen entstehen. Bemerkenswert ist der Aspekt des «genetischen Filters», welcher entscheidet welche äusseren Umwelteinflüsse wichtig für die Entwicklung der Ich-Identität sind und somit je nach Anlage die Ich-Identität mehr oder weniger beeinflussen können. Das Wissen darum erleichtert den Zugang in die Wahrnehmung der Heterogenität eines jeden Individuums. 


IPT – Interpersonelle Psychotherapie: Therapieansatz von Klerman & Weissman zur stationären Behandlung von schwer depressiven Patienten mit dem Konzept, dass der Weg aus einer Depression über die zwischenmenschliche Beziehung führen kann. Indiziert ambulant bei Patienten mit akuter unipolarer Depression, bei denen der Beginn der Depression mit belastenden Lebensereignissen bzw. Lebensphasen in Zusammenhang steht. Aus dieser Sicht entstehen Depressionen durch multifaktorielle Verursachungs- und Vulnerabilitätsfaktoren. Die Therapeutenrolle ist aktiv, unterstützend und ist auf die Seite des Patienten («sein Advokat»).


Kognitive Verhaltenstherapie: Cognitive-Behavioral Therapy (CBT) kombiniert kognitive und verhaltensbezogene Ansätze. Bei der kognitiven Therapie liegt die Annahme zu Grunde, dass bei psychischen Störungen vermehrt negative Emotionen (z.B. Wut, Ärger, Traurigkeit, Unsicherheit) funktionell «falsche» Denkmuster, sogenannte dysfunktionale Kognitionen, vorliegen. Gemäss A.T. Beck haben depressive, angst- oder auch persönlichkeitsgestörte Menschen negative Grundannahmen von sich oder ihrer Umwelt. Mittels kognitiver Umstrukturierung mit Einüben und Training neuer hilfreicher und veränderter Denkmuster und unter Einsatz von behavioralen Techniken kann erreicht werden die Veränderungsfähigkeit der Patienten zu erhöhen und sodann über konstruktive Handlungen, vermehrt positivem Denken und schliesslich über die Zunahme passender und angenehmer Gefühle eine Genesung zu erhalten. 


Konsiliar-Psychiatrie: umfasst die psychiatrische Behandlung von Patienten, die primär wegen einer körperlichen Erkrankung behandelt werden, bei denen aber eine psychiatrische Mitbehandlung indiziert ist, sei es durch die bekannte Krankengeschichte oder sei es bei akuter psychiatrischer Symptomatik. Studienergebnisse haben gezeigt, dass fast die Hälfte aller erstrangig somatisch hospitalisierten Patienten ebenfalls eine psychiatrische Erkrankung zeigen. Gühne et al. haben erforscht, dass Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen über ihre psychischen Beeinträchtigungen hinaus auch gravierenden somatischen Risiken ausgesetzt sind. Eine eigene Untersuchung im Konsiliardienst eines Spitals hat erbracht, dass bei über 50% der an sich aus der Somatik heraus erteilten Aufträge für eine konsiliar-psychiatrische Zusatzuntersuchung in der Folge die grundlegende Erkrankung bzw. Störung zur Klinikzuweisung auf psychischer Seite angesiedelt war. Es gelang somit direkt im Anschluss eine psychiatrische Weiterbehandlung zu empfehlen bzw. aufzugleisen.


Liaison-Psychiater: beschreibt den psychiatrischen Facharzt als Mitglied eines interdisziplinären Behandlungsteams, sei es im ambulanten oder sein es im stationären Bereich.


Merkurstab: mit 2 Schlangen (schwarz und weiss), Symbol der Erkenntnis stets beweglicher Balance im Umgang mit Polaritäten (z.B. bei Abwägung von Therapieoptionen oder in der Kommunikation). Mit dem (Wander-)Stab des Äeskulap (mit gleichnamiger Natter) Symbol des ärztlichen Berufstandes. 


Mindfulness-Based Interventionen:  insbesondere DBT und MBCT (Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie) von Zindel V, Segal J et al. zur Rückfallprävention von Depressionen. Durch Übung von Achtsamkeit kann es gelingen eine bewusstere Wahrnehmung von Stimmungen, Körperempfindungen, Gedanken und Gefühlen zu fördern und dadurch eher in der Lage zu sein Frühwarnsymptome rechtzeitig zu bemerken und frühzeitig therapeutische Massnahmen einzuleiten, um Rückfälle bestmöglich zu vermeiden. Zentral ist – neben Meditation und achtsamen Körperübungen – als Element der kognitiven Verhaltenstherapie sogenannte automatische Gedanken durch realistische Gedanken und Anschauungen im «Hier und Jetzt» auszutauschen.

«Wir wissen heute, dass der von Depression oder von Angststörung Betroffene selbst (bei entsprechender Therapie und Psychoedukation, mittels Tagesstrukturtraining, Aufrechterhaltung von Routinen, sozialer und sportlicher Aktivierung, Ernährung u.a.) befähigt ist sein depressives/ängstliches Handeln und sein depressives /ängstliches Denken zu verändern und so den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen und die Rückfallgefahr reduzieren kann.»

 

Therapiemanual Soziale Phobie: In fachlicher Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim von uns mit Medizinische Publikationen produziertes erstmalig multimedial und didaktisch hilfreich mit Schauspielern als Demo-Patienten und -Therapeuten realisiertes Selbsthilfe-Therapie-DVD-Manual zur Behandlung spezifisch phobischer Ängste und zum Selbstwert-Training, nachfolgend wissenschaftlich evaluiert und in Medien berichtet, in unserer Praxis bei entsprechender Indikation im Einsatz.


Recovery-Modell:  Das Konzept der «Wiederherstellung» geht vom Ansatz aus, dass vor psychischer Erkrankung Gesundung bestanden habe. Das Modell beschreibt das Potential «Wiederherstellung» als persönlichen Prozess, als Reise der Heilung und Transformation. Dafür brauche es eine sichere Basis, hilfreiche und fördernde zwischenmenschliche Beziehungen, Selbstbestimmung (Empowerment), soziale Integration und Problemlösungskompetenz und nicht zuletzt auch Hoffnung und Zuversicht einen (neuen) Lebenssinn zu erreichen und die persönlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen.


Resilienz: beschreibt den Prozess wie Menschen auf Herausforderungen, Veränderungen oder Belastungen mit Anpassung ihres Verhaltens reagieren. Die individuelle Resilienz bezeichnet das Aufrechterhalten bzw. die rasche Wiederherstellung der psychischen Gesundheit während oder nach stressvollen Lebensumständen. Es dient der Einschätzung eines Individuums sich Stressoren anpassen zu können und diese zu bewältigen. Mit dem im Einzelfall orientierten Vorgehen welche Faktoren negativen Einfluss auf Resilienz haben können bzw. wie Resilienz gestärkt werden kann, spielt die Beachtung der individuellen Resilienz eine grosse Rolle in der Therapie, da diesbezügliche Faktoren durchaus ambivalent wirken können. So hat z.B. die infektionsbedingte soziale Isolation in der COVID-Pandemie ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die individuelle Resilienz, sei es bei eher extrovertierten Menschen, denen wichtige Kommunikationsfelder fehlen und die unter Anpassungsstörungen leiden, sei es bei eher Introvertierten, die eine eher asynchrone Kommunikation bevorzugen und sich in der geringeren sozialen Dichte eher wohl fühlen.